Gedanken zum Wohnungsbau

Harald Kuntze, Ortsvorsteher Dotzheim, 20.12.2022

Für die Stadt Wiesbaden und die beteiligten Ämter ist der Bedarf an Wohnraum die vordringlichste Argumentation, dies hat der Oberbürgermeister mehrfach deutlich gemacht.

Ausführlich hat dazu Andrea Dingeldein vom Amt für soziale Arbeit die Argumentation für die Sitzung der beiden Ortsbeiräte Schierstein und Dotzheim am 1. November 2022 und auch die Sitzung des Umweltausschusses  Ende November 2022 aufbereitet.

Wichtig in dieser Argumentationskette ist immer der Mangel an preiswertem Wohnraum und die Wachstumsprognosen für das Rhein-Main-Gebiet. Grundlage für den Bau-„Bedarf“ von 1.200 Wohnungen/Jahr ist die Prognose des IWU-Instituts. Eine weitere ernstzunehmende (auch von der Stadt ernstgenommene) Prognose geht von einem wesentlich geringeren Neubaubedarf (700/anno: empirica AG) aus. Gemeinsam ist den Studien, dass ihre Datenbasen aus der Zeit vor Corona stammen. Bereits im Corona-Lockdown zeigten sich Verhaltensänderungen insbesondere bei jungen Familien. Hinaus aufs Land, auch jetzt noch ein aktueller Trend, der argumentativ von Politik und Medien mit den hohen Wohnungsmieten in der Stadt aufgrund von Wohnraumbedarf begründet wird. Es zeigte sich aber in der Lockdown-Phase, dass gerade die Work-Life-Balance, mehr Freiräume, Platz für Kinder und Naturnähe auch wichtige Beweggründe waren, ins leerlaufende weitere Umland zu ziehen – und zwar nicht nur in die Speckgürtel, sondern auch in abgelegenere Regionen. Kauf- und Mitpreise spielen dabei sicher auch eine Rolle, aber intensiv untersucht ist das Thema noch nicht. Hier besteht also Überprüfungsbedarf der Prognosen.

Nun löste der Neubau von Wohnungen per se noch nie das Problem preiswerten Wohnraums. Deswegen wurden ja Regularien für Bauherren eingeführt einen bestimmten Anteil sozial geförderten oder preiswerten Wohnraums zu schaffen. Die Argumentation, mehr Wohnungen schaffen auch mehr preiswerten Wohnraum ist vorsichtig formuliert nur sehr begrenzt haltbar.

Neubauten führen oft zu Mieten im Bereich oder jenseits von 12-14€/qm. Anteilsregelungen zum Bau geförderten Wohnungsraums greifen häufig erst ab einer bestimmten Anzahl von geplanten Wohneinheiten und lassen sich eventuell findig umgehen.

Der Vorschlag „Wohngemeinnützigkeit“ (1990 unter Kanzler Kohl abgeschafft), wie es aktuell der Deutsche Mieterbund fordert, könnte eine solche Lösung auf Bundesebene sein:
In der Wohnungsgemeinnützigkeit erhalten Wohnungsunternehmen dauerhafte Steuerbefreiungen z. B. in Bezug auf die Körperschaft-, Gewerbe-, Grund- und Grunderwerbsteuer dafür, dass sie dauerhaft gemeinnützig handeln, indem sie preisgünstigen und sozialen Wohnraum für Haushalte bereitstellen, deren Einkommen unterhalb bestimmter Grenzen liegen. Sie unterscheidet sich somit in der Art und Weise sowie der Dauer der Förderung und Bindung vom Sozialen Wohnungsbau, der in der Regel durch einmalige Darlehen oder Zuschüsse geprägt ist und zeitlich begrenzt ist, Wohnungen also irgendwann ihre Sozialbindungen verlieren, obgleich sich diese Instrumente meist ergänzen bzw. ergänzt haben.
Während es die Wohnungsgemeinnützigkeit in Österreich und vergleichbare Modelle z. B. in den Niederlanden gibt, wurde sie in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990 abgeschafft. Seit etwa 2020 wird die Neueinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in Deutschland diskutiert.(wikipedia)

Small is beautifull – Große Ziele erreicht man indem man kleine Schritte geht.

Für Wiesbaden muss die Frage aufgeworfen werden, ob durch die Fixierung auf zwei Großprojekte im Ost- und im Westfeld nicht zu viel Power und Planungskapazitäten gebunden wurden, um überhaupt mal klein zu denken und zu handeln. Motto: „Das Problem soll mit den Großprojekten gelöst werden, da muss sich jetzt darüber keiner Gedanken mehr machen.“

Der Rückkauf oder die Verlängerung von Sozialbindungen ist zu prüfen, auch in Wiesbaden. In Klarenthal-Nord, am Gräselberg und im Schelmengraben sind die Zahlen der Wohnungen, die aus der Bindung fallen oder schon gefallen sind dramatisch (z.B. „Schelmengraben“ ein Minus in Höhe von 64,7 Prozent).

Zur Lösung könnte auch beitragen:

  • Aufstocken vorhandener Häuser ggfs. in Holzbauweise (wg. Statik) mit außen angebrachtem Aufzug (erforderlich ab bestimmten Geschosszahlen).
  • Umwidmung und Umbau vorhandener leerstehender Bürohäuser/-Stockwerke, bei zunehmendem Trend zum Home-Office durchaus interessant.
  • Füllen von Baulücken mit gefördertem oder langfristig gesichert preiswertem Wohnraum.

Für das Westfeld waren in der Anfangsphase  3.000 Wohneinheiten vorgesehen, nun sind es 1.500 Wohneinheiten. Grund für diese Reduzierung sind die klimatologischen Gegebenheiten. Aber auch die reduzierte Bebauung wird einen Schaden für Klima und Natur herbeiführen.

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